Erweiterung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe von Martin Wurth
Die Stadt Karlsruhe sucht nach einer städtebaulichen Lösung für die Erweiterung des Bundesverfassungsgerichts
Wettbewerbsbeitrag von Martin Wurth
Der botanische Garten in Karlsruhe bildet mit seinem wertvollen Baumbestand und Gartenanlagen einen der spannungsreichsten Stadträume der Stadt. Dabei bestimmen die umliegenden Gebäudetypologien die besondere Atmosphäre maßgeblich mit. Martin Wurth sieht mit seinem Wettbewerbsbeitrag vor, zusammen mit den bestehenden Gebäuden des Bundesverfassungsgerichts, eine klare räumliche Kante zum botanischen Garten hin auszubilden.
Eine Positionierung des Gebäudes jenseits dieser Schwelle, bzw. eine weitere Ausnutzung des Wettbewerbsgebiets würde seiner Ansicht nach die räumlichen Qualitäten des botanischen Gartens stark beeinträchtigen. Das geplante Gebäude soll deshalb bei der späteren Erweiterung um ein Geschoß aufgestockt werden. Dabei ist für Martin Wurth entscheidend, daß sowohl die Variante für Erweiterung 1 als auch in die um ein Geschoß erhöhte Variante für die Erweiterung 2, einen überzeugenden stadträumlichen Übergang zum botanischen Garten formulieren und die Höhenentwicklung mit den bestehenden Gebäuden harmonieren.
Diese stadträumliche Entscheidung erscheint Martin Wurth so wichtig, daß er vorschlägt, den besonders wertvollen Baumbestand an der Grenze zum Wettbewerbsgebiet umzusetzen, oder falls dies nicht möglich ist Ersatzpflanzungen vorzunehmen. Die weitere Freiraumgestaltung reduziert sich auf minimale Eingriffe, wie die Verlegung des Weges innerhalb des Wettbewerbsgebiets.
Gebäudekonzept
Das Gebäude soll nicht nur mit der umliegenden Bebauung harmonieren, sondern wird mit seiner Beschaffenheit die im botanischen Garten vorherrschende Atmosphäre mitbestimmen. Aus diesem Grund hat Martin Wurth das Gebäude als eine Holzkonstruktion konzipiert die auf einem Betonsockel ruht. Als vorherrschendes Material für die Außenfassaden soll Buchenholz zur Anwendung kommen. Die Dacheindeckung soll mit Kupferblech erfolgen.
Der Oberlichtraum ist mit satiniertem Glas versehen. Die Anbindung an den Bestand erfolgt im Bereich von Bauteil I des bestehenden Gebäudekomplexes. Über einen verglasten Gang wird der zentrale Innenraum des Erweiterungsgebäudes erschlossen, der auch als Kommunikationsplattform dient. Alle Büroräume sind zur Parkfläche hin orientiert und erhalten über raumhohe Fenster ausreichend Tageslicht. Der außenliegende Blendschutz besteht aus textilen nichtbrennbaren Materialien. Der Luftraum im zentralen Erschließungsbereich nimmt die innenliegenden Treppen auf, welche eine übersichtliche Erschließung des Gebäudes ermöglichen.
Energiekonzept
Das Gebäude kann als Holzbau weitgehend mit regionalen und nachwachsenden Ressourcen realisiert werden. Der Energieaufwand für die Herstellung des Gebäudes ist damit auf ein Minimum reduziert. Im Betrieb ist das Gebäude an das bestehende Fernwärmenetz angeschlossen. Die Photovoltaikverglasung im Oberlichtbereich des Daches wird zur solaren Energiegewinnung herangezogen. Gleichzeitig dient der ganze Glasdachbereich als solarer Energiepuffer.
Im Winter können solare Wärmeenergiegewinne in ein kontrolliertes Belüftungskonzept miteinbezogen werden. Das Untergeschoß aus Stahlbeton soll unter Einbeziehung der kontrollierten Lüftung zur Gebäudekühlung im Sommer herangezogen werden. Martin Wurth hat das Gebäude als Niedrigenergiehaus konzipiert. Durch seine Form hat der Erweiterungsbau ein sehr günstiges Verhältnis von Außenfläche zum Gesamtvolumen. Das A/V Verhältnis der Erweiterung I beträgt 0,42 und Erweiterung I und II zusammen 0,36.
Statisch konstruktives Konzept
Martin Wurth plant das Kellergeschoß in Stahlbeton und die aufgehenden Geschosse in Holzbauweise vor. Im Kellergeschoß liegen Deckenspannweiten von ca. 3 m und Auskragungen von ca. 1,7 m vor. Die Unterzüge spannen maximal über 6,5 m. Die Geschoßhöhen betragen 3,20 m in den Bürogeschossen, in dem Untergeschoß 2,70 m. Die lichten Raumhöhen betragen 2,90 m in den Bürogeschossen, in dem Untergeschoß 2,40 m. Im Erdgeschoß und den folgenden Obergeschossen wird der vertikale Lastabtrag von rechtwinklig zur Außenwand (Raster von 3 m) stehenden geschosshohen Holzfachwerkträgern aus Furnierstreifenholz Parallam PSL übernommen.
Auf diesen lagern Holzbalkendecken, die parallel zur Gebäudelängsrichtung über die Weite von 3 m spannen. Der innere Erschließungsgang liegt auf der Auskragung des Untergurts des Fachwerkträgers auf. Diese Holzfachwerkträger bilden entsprechend beplankt gleichzeitig die Trennwände zwischen den Räumen. Sie sind vorfertigbar und so ausgelegt, so daß eine Aufstockung mit den gleichen Elementen problemlos möglich ist. In den abgerundeten Ecken des Gebäudes kommen Brettstapeldecken zum Einsatz, da hier keine Fachwerkwände zur Abfangung der Auskragung des Gebäudes über das KG zur Verfügung stehen. Zur Aufnahme der Horizontallasten in Gebäudequerrichtung stehen die Holzfachwerkwände zur Verfügung. In Gebäudelängsrichtung werden die beplankten inneren Flurwände benutzt.
Wirtschaftlichkeit
Der kompakte Baukörper und die Verwendung von Holz als primärem Baustoff lassen eine ressourcenschonende und wirtschaftliche Realisierung zu. Für Martin Wurth ist es wichtig, dass regionale Ressourcen zum Einsatz kommen. Durch eine weitgehende Vorfabrizierung von Wand- und Deckenelementen lassen sich Anfahrtswege und Bauzeit minimieren. Außerdem läßt sich durch die Vorfertigung die Erweiterung II ohne große baulich bedingte Beeinträchtigungen realisieren. Das vom Auslober benannte Budget wird eingehalten. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist dank dem effizienten Energiekonzept zu erwarten.
Weitere Informationen über Martin Wurth finden Sie unter:
www.martin-wurth-architekt.de